Noch vor wenigen Minuten hat sich der Kunde in der Kältekammer wohlig in den Schlafsack gekuschelt, jetzt will er es sich noch einmal überlegen. Er schlendert weiter; außer Sichtweite zückt er zwischen den Regalreihen das Handy. Jens Holst vom Outdoor-Spezialisten Globetrotter weiß, was das bedeutet: Der Kunde überprüft, was der Schlafsack im Internet kostet. «Da wird die Bestellung noch vorm Verlassen des Ladens ausgelöst», berichtet der Leiter der Münchner Filiale. «Das kommt immer häufiger vor.» Gut ein Viertel aller Handynutzer vergleicht einer am Montag veröffentlichten Studie zufolge regelmäßig die Preise von Produkten, während sie in einem Geschäft stehen. Fast ebenso viele machen Fotos oder kontaktieren Freunde und Familienangehörige, um diese um Rat zu fragen. Immerhin zwölf Prozent der Handynutzer kaufen nach eigenem Bekunden zwischen Regalen stehend per App, acht Prozent per Webseite im Internet ein. Dies hat eine repräsentative Online-Studie des Nürnberger Marktforschungsunternehmens GfK ergeben.
Im internationalen Vergleich sind die Deutschen demnach noch relativ zurückhaltend. Dennoch betrachtet Kai Hudetz vom Institut für Handelsforschung in Köln die Zahlen skeptisch. Aussagefähiger wäre es seiner Meinung nach, zu wissen, bei wie vielen tatsächlich getätigten Kaufvorgängen das Handy den Ausschlag gegeben habe, woanders zuzuschlagen. Nichtsdestrotrotz bestätigt Hudetz, dass der mobile Zugang zu Preisvergleichs-Portalen gerade bei teuren und standardisierten Produkten eine zunehmende Rolle spielt. «Wenn Sie sich im Laden zum ersten Mal einen Fernseher anschauen und Ihnen wird suggeriert, das ist das absolute Superangebot, kostet aber schlappe 1.200 Euro – da wären Sie ja dumm, wenn Sie nicht im Internet schauen, was das woanders kostet», schildert Hudetz den Blickwinkel des Verbrauchers. Allerdings gebe es Grenzen. Schließlich lohne sich eine etwaige Ersparnis erst bei größeren Summen. «Für einen Fernseher mache ich das, für eine DVD nicht.»
Für die Händler bedeutet das vor allem einen verschärften Preisdruck. In bestimmten Branchen ist es keine Seltenheit mehr, dass die Kunden mit dem Smartphone in der Hand um ein besseres Angebot feilschen. Bei machen Händlern haben sie damit Erfolg, bei anderen beißen sie auf Granit. So ist es bei einigen Elektronik-Märkten ein offenes Geheimnis, dass man in der Regel den Preis des größten Internethändlers heraushandeln kann. Globetrotter hingegen macht bei dieser Entwicklung nicht mit. «Da kann man gar nicht gegen an, gegen diese Preise», erklärt Holst. Der Outdoor-Händler setze deshalb auf eine große Auswahl, besondere Farben und persönliche Beratung, aber auch auf längere Garantie und kulanten Service. Ein guter Weg angesichts fehlender Patentrezepte, urteilt Handelsexperte Hudetz. Nur über zusätzlichen Service, etwa Lieferung und Einrichtung elektronischer Geräte oder einem zuverlässigen Reparaturdienst, könnten die Kunden bei der Stange gehalten werden. Auch für den Mehrwert, ein auserwähltes Produkt sofort mitnehmen zu können, statt nach einer Bestellung lange warten zu müssen, könne ein stationärer Händler einen kleinen Preisaufschlag nehmen.
Ein anderer Weg ist die sogenannte Bestpreisgarantie: Wenn der Kunde das gleiche Produkt woanders billiger findet, bekommt er es rückwirkend ebenfalls zum günstigeren Preis. In den USA ist dieses Vorgehen schon üblich, auch in Deutschland werben Optiker, Reiseveranstalter und Baumärkte damit. «Das ist brutal, weil es die Marge heftig schmälert», analysiert Hudetz. «In einem transparenten Markt ist es aber eine konsequente Maßnahme, die zumindest dafür sorgt, dass der Kunde Ihr Kunde bleibt.» Letztlich seien aber allen Kassandrarufen zum Trotz nur wenige Branchen betroffen, bei denen hoch standardisierte Produkte leicht zu vergleichen seien – etwa Unterhaltungselektronik oder Markenbekleidung. Aus Händlersicht kann Hudetz dem Internet durchaus auch Positives abgewinnen, schließlich können sich die Kunden dort umfassend informieren. «Unsere Studienergebnisse zeigen, dass Beratungsdiebstahl insgesamt signifikant abnimmt.» (dpa)