ChannelObserver: Die IT-Branche verändert sich gerade rasant. In der Post-PC-Ära kaufen viele Kunden nur noch Tablets und Smartphones, die PC-Verkäufe sinken. Etablierte Anbieter wie beispielsweise Dell oder Microsoft müssen sich neu aufstellen. Wie reagiert ein Broadliner auf diese Entwicklung?
Dressen: Diese Tendenz gibt es seit ein bis zwei Jahren. Nach Stückzahlen betrachtet werden Desktops und Notebooks von Tablets und Smartphones überholt. Die Broadline-Distribution ist aber nur ein Teil unseres Geschäfts. Ich sehe auch noch nicht, dass in der Distribution weniger verkauft wird. Die Entwicklung im Handel geht aber eindeutig in Richtung Retailer und Etailer.
ChannelObserver: Die Marge bei Geschäften mit Retailern ist aber sogar für Distributionsverhältnisse gering.
Dressen: Die Retailer wollen ihre Kostenstrukturen über günstigen Einkauf kompensieren. Nur günstig einkaufen zu wollen, ist aber kein tragfähiges Geschäftsmodell. Die Kunden orientieren sich in Richtung Etailer. Es gibt viele Online-Händler, in deren Auftrag wir die Kunden beliefern. Der Online-Handel wird noch nicht wie der Retail von einem großen Marktteilnehmer dominiert. Auch nicht von einer Amazon. Das Unternehmen erkauft sich indes Marktanteile, indem keine Frachtkosten erhoben werden. Das wird sich langfristig aber nicht tragen. Die Fracht ist eine Leistung, die nicht kostenlos ist. Das wird auch Amazon irgendwann ändern müssen.
ChannelObserver: Die Kunden orientieren sich in Richtung Etail und die Bedeutung des stationären Handels wird weiter abnehmen.
Dressen: Ja, die derzeitige Entwicklung geht primär zu Lasten des stationären Handels. Es wird künftig aber nicht nur Etailer geben. Irgendwann wird sich das Kräfteverhältnis einpendeln. Unter den Retailern wird es einen Ausleseprozess geben. Das bedeutet nicht, dass die betroffenen Firmen gleich Insolvenz anmelden müssen. Es kann auch Fusionen geben.
ChannelObserver: Sie sagten, dass die Broadline-Distribution nur ein Teil ihres Geschäfts ist. Trotzdem ist es ein wichtiger Bestandteil, den Sie optimieren wollten.
Dressen: Wir haben in den vergangenen Monaten einige Maßnahmen umgesetzt. In Duisburg wird ein SMB-Team in einem großen, neuen Bürogebäude Herstellern und Kunden einen besseren Service-Level als zuvor anbieten. Die Mannschaft wird auf 70 SMB-Verkäufer aufgestockt.
Neue SMB-Kunden konnten wir über eine aktuelle Initiative für „InTouch“ gewinnen. Wir haben das Rückgaberecht von sieben auf 30 Tage verlängert. Bei geöffneten Produkten kann der Partner selbst binnen sieben Tagen sein Produkt ohne Abschlag zurückschicken. Die Anzahl der Retouren lag dabei im Rahmen unserer Erwartungen.
Außerdem wird es statt vier künftig sieben Business-Units in der Broadline-Distribution geben. Neu sind die Einheiten für Apple, Samsung und Hewlett-Packard. Den Samsung-Bereich wird Marcus Hammann leiten, Apple wird Alexander Roth verantworten. Für HP läuft unser Auswahlverfahren noch.
ChannelObserver: Die Geschäfte mit Apple sind von knappen Produkten und starker Nachfrage bestimmt.
Dressen: Natürlich verkaufen sich die Apple-Produkte nach wie vor sehr gut. Wir wollen aber künftig mehr leisten, als nur knappe Ware zu verteilen. Das Apple-Prinzip wird sich irgendwann ändern. Eine Sättigung bei Smartphones ist beispielsweise bereits erreicht. Die Kunden werden außerdem nicht mehr jedes Upgrade mitgehen. Dann werden auch die langen Schlangen vor den Apple-Stores der Vergangenheit angehören. Die Produkte müssen dann richtig verkauft und die Kunden wollen beraten werden. Darauf wollen wir uns vorbereiten und uns auch personell verstärken.
ChannelObserver: Das Apple-Geschäft hat auch die Machtverhältnisse in der deutschen Distribution verändert. Einen lukrativen Apple-Retail-Auftrag hat Also dem Konkurrenten Ingram Micro abgenommen. Wer ist denn jetzt Marktführer?
Dressen: Laut den Marktstudien von Context liegen die drei großen Distributoren fast gleichauf. In Deutschland und Österreich beläuft sich der Umsatz von allen drei Grossisten auf rund drei Milliarden Euro. Die Unterschiede sind nicht signifikant.
ChannelObserver: CE-Chef Frank Bolten hat Tech Data verlassen. Wie wird es mit dem Geschäftsbereich Consumer Electronics weitergehen?
Dressen: Wie sind im CE-Bereich nicht so vorangekommen, wie wir uns das vorgestellt hatten. Die CE-Branche verändert sich kaum, die Vertriebsstrukturen sind teilweise verkrustet. Es ist zwar nur ein kleiner Geschäftsbereich für uns, den wir aber fortführen werden. Die Business Unit gibt es seit Februar 2012 und es wird sie künftig auch weiter geben. Für Frank Bolten gibt es noch keinen Nachfolger, wir suchen noch.