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Samstag, Dezember 7, 2024

Der gläserne Kunde – Sparen per App im Trend

Langsam wird es unübersichtlich auf dem Smartphone: Wer angesichts der Inflation die besten Angebote nutzen will, braucht in immer mehr Geschäften eine zusätzliche App. Verbraucherschützer betonen: Auch diese Rabatte haben ihren Preis.

Beim Wocheneinkauf einfach zur Kasse zu gehen und ohne das Smartphone vorzuzeigen zu bezahlen – das könnte bald fast ein Luxus sein. Denn viele große Supermärkte und Drogerien wie Rewe, Edeka, DM oder Rossmann setzen verstärkt auf Vergünstigungen, die nur mit den firmeneigenen Apps zu bekommen sind. Im Monat lassen sich auf diese Weise einige Euro sparen, was angesichts der enormen Preissteigerungen der vergangenen Monate auf großes Interesse stößt. Auch die Anbieter sehen darin eine Chance – nicht zuletzt, weil sie so an viel mehr Kundendaten kommen.

Verbraucherschützer haben diesen Trend auf dem Schirm. «Spar-Apps scheinen Konjunktur zu haben, weil derzeit jeder Euro zweimal umgedreht wird, bevor er ausgegeben wird», sagt etwa die Datenschutzexpertin Christine Steffen von der Verbraucherzentrale NRW. Hinweise, dass große Anbieter wie die Supermarktketten die gewonnenen Daten anders nutzen könnten als angegeben, liegen ihr zwar nicht vor. Aber: Die Apps ermöglichten den Anbietern einen noch genaueren Einblick in das Konsumentenverhalten.

Tatsächlich spricht unter anderem Kaufland, das seit einem Jahr ein eigenes Vorteilsprogramm anbietet, von «zielgerichteten» Coupons, für die das Einkaufsverhalten ausgewertet werde. «So können zum Beispiel junge Familien Coupons und Rabatte erhalten, die auf ihre aktuelle Lebenssituation passen», heißt es. «Die Nutzerzahlen wachsen stetig», bestätigt auch Lidl, das mit seiner App zum Beispiel einen Rabattcoupon zum Geburtstag des Nutzers ausgibt, den Trend.

«Die Anbieter wollen möglichst viel über den Nutzer erfahren. Daraus machen sie auch kein Geheimnis. Am Ende zahlt der Nutzer die Vorteile mit seinen Daten», sagt Steffen. Lohnt sich die App-Nutzung trotzdem? Das müsse jeder selbst entscheiden, sagt die Rechtsexpertin: «Wer datensparsam bleiben möchte, der nutzt so eine App nicht.» Es gebe auch Möglichkeiten, die Apps zu verwenden und seine Datenspur vergleichsweise klein zu halten, indem Berechtigungen wie die Standortfreigabe nicht erteilt oder einschränkt würden. Womöglich stünden dann aber nicht alle Funktionen der App zur Verfügung.

Bei Rewe gibt es App-Coupons seit drei Jahren. In letzter Zeit verzeichnet das Unternehmen nach eigenen Angaben eine stärkere Nachfrage. Man sehe darin einen «Trend, der dem digitalen Zeitgeist entspricht». Und ja, die werbliche Ansprache, zu der auch die Kundenbindungssysteme gehörten, sei «den aktuellen Gegebenheiten wie zum Beispiel der steigenden Inflation angepasst» worden. Die Coupons würden im Moment jedoch ohne Personalisierung zur Verfügung gestellt – anders als etwa, die Einwilligung vorausgesetzt, beim Prämiensystem Payback, das in die Rewe-App integriert werden kann.

Auch Edeka erklärt, die Nachfrage nach seiner App steige kontinuierlich. Rund 3,5 Millionen Mal sei die aktuelle Version binnen zwei Jahren heruntergeladen worden. Die Rabatte seien dabei je nach Markt und Kunde unterschiedlich. Mindestens fünf Coupons solle jeder Nutzer in der Regel erhalten, meistens jedoch mehr als zwölf, heißt es. Zudem diene die App der Kommunikation der Edeka-Kaufleute mit den Kunden, der Optimierung des Sortiments und gezielten Angeboten. Die Kundendaten seien dabei «ausschließlich für den Austausch im Markt gedacht».

Auch Drogerien machen mit. Rossmann ist eine Art Vorreiter, denn Rabatte und Coupons, die es nur mit der App gibt, liefert die Kette mit Sitz in Niedersachsen bereits seit 2016. Mittlerweile zähle man Millionen Nutzer in Deutschland jeden Monat.

Mit mehr als drei Millionen neuen Kundenkonten allein in diesem Jahr rechnet auch der Karlsruher Konkurrent DM, wie Geschäftsführer Sebastian Bayer sagt. Er erklärt, Payback und App ermöglichten es, die Kunden «noch besser kennenzulernen» und ihnen ein relevantes Sortiment zu gestalten. Der Anspruch von DM sei dabei eine zuverlässige und nachvollziehbare Preisgestaltung.

Bisher keine personalisierten Preise nachgewiesen

Allerdings: Zumindest theoretisch ist es denkbar, dass Anbieter anhand der erhobenen Daten künftig nicht nur Rabatte anbieten, sondern auch individuell höhere Preise verlangen. «Jeder Händler ist grundsätzlich frei darin zu bestimmen, zu welchem Preis er ein Produkt verkauft. Er muss auch nicht jedem Kunden den gleichen Preis anbieten. Das gilt in der analogen wie in der digitalen Welt gleichermaßen», erklärt Verbraucherschützerin Steffen.

Sollten die Anbieter einem Nutzer ein anhand von Kundendaten allein auf ihn zugeschnittenes Angebot machen, müssten sie den Adressaten informieren, dass der Preis auf der Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert worden sei, sagt sie. Dafür gebe es seit einigen Monaten neue Transparenzvorgaben. Nachweise, dass solche personalisierten Preise in Deutschland in großem Stil eingesetzt werden, gebe es nicht.

Dennoch sorgen schon die App-Coupons dafür, dass der Preis beim Einkaufen nicht mehr für jeden Kunden der gleiche ist. Es gibt Ausnahmen. So erklären Aldi Nord und Aldi Süd auf Anfrage unisono: Man verzichte auf «komplexe App-Rabatte oder Punktesysteme» – und mache einfach die besten Angebote. (dpa)

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