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Montag, Oktober 14, 2024

Die richtige Reaktion auf den Shitstorm

Amazon musste gerade mit einem Shitstorm wütender Kunden fertig werden. Krisenexperte Frank Roselieb zeigt, wie Firmen auf einen Shitstorm reagieren müssen und welche Konsequenzen dieser hat.

Ein Kommentar von Krisenexperte Frank Roselieb
Obwohl wir uns in der Krisenforschung schon seit längerem auch dem Phänomen „Shitstorm“ widmen, konnten wir ein klares Muster der Empörung bislang nicht identifizieren. Also die Frage verlässlich beantworten, ob und wann Protest auftritt und wann er ausbleibt. Unternehmen mussten bei kritischen TV-Reportagen seit jeher immer auch mit entsprechender Verbraucherkritik rechnen. Früher wüteten die Kunden am Point of Sales und haben beispielsweise dem Shell-Tankstellenpächer beim Bezahlen der Tankrechnung ihren Unmut über die geplante Tiefsee-Versenkung der Brent Spar im Nordatlantik kommuniziert. Heute nutzen sie eben Faceboook, Twitter & Co. Es ist aber unberechenbar, welches Thema sich tatsächlich verfängt und welches unkommentiert bleibt. Der #Aufschrei gegen Brüderle hätte sich am Tag des Papstrücktritts in den Weiten des Internets vermutlich versendet. Wegen fehlender Themenkonkurrenz hat die mediale Empörung über den Herrenwitz nun aber für Wochen die Talkshows bestimmt.

Vorbereitung auf den Shitstorm

Hilfreich zur Vorbereitung auf einen möglichen Shitstorm bleibt nach wie vor systematisches Themenmanagement. Durch ein Themenaudit ermitteln die Unternehmen zunächst, welche Leichen sie im Keller liegen haben. Hierauf können sie sich im Rahmen der Themenkommunikation anschließend mit Themendossiers vorbereiten. Diese Kurztexte begründen, warum das Unternehmen sich nicht über Nacht von den strittigen Praktiken verabschieden kann, was es aber alles macht, um die Situation mittelfristig zu ändern. Solche Kernbotschaften lassen sich bei Bedarf auch bei Facebook, Twitter & Co. platzieren.

In einem konkreten Krisenfall – also bei Beginn eines Shitstorms – sollte in einem ersten Schritt der Bezug der Kritik zum Unternehmen ermittelt werden. Wird eine Kernkompetenz von uns getroffen oder sind wir nur Trittbrett Dritter? Zwei Beispiele:

Nach der ARD-Dokumentation „Der Pakt mit dem Panda“, der sich kritisch mit der Industrienähe des WWF auseinandersetzte, brach ein Shitstorm bei Facebook über die Umweltschützer herein. Der WWF hat damals richtig reagiert: Weil eine Kernkompetenz der Organisation betroffen war, nämlich die Glaubwürdigkeit gegenüber den Mitgliedern und der Öffentlichkeit, hat der WWF entsprechend reagiert und umfangreich kommuniziert.

Anders bei der ING-DiBa. Nach einem Fernsehwerbespot mit dem Basketball-Star Dirk Nowitzki, in dem dieser eine Scheibe Wurst in einer Metzgerei gereicht bekommt, haben Veganer auf der Facebook-Seite der Bank eine recht sinnfreie Diskussion zur Frage gestartet, ob nun Veganer oder Fleischesser die besseren Menschen sind. Die Bank hat richtig reagiert – nämlich gar nicht. Sie hat lediglich zu Beginn mit einem kurzen Posting auf die Einhaltung der Netiquette hingewiesen und die Diskussion nach zwei Wochen für beendet erklärt – unter Applaus beziehungsweise mit vielen Likes der Facebook-Nutzer.

Im einem zweiten Schritt sollte dann das Medium der Reaktion festgelegt werden. Beispielsweise hat der WWF frühzeitig erkannt, dass die Organisation gar nicht auf einer Vielzahl von Social-Media-Kanälen parallel kommunizieren kann und daher frühzeitg auf einen Faktencheck auf der eigenen Homepage verwiesen. So konnte die Kommunikation von den Social-Media-Kanälen recht gut auf die eigene Internetseite kanalisiert werden, was sowohl personelle Ressourcen schonte als auch die Diskussion bald zum Erliegen brachte.

Aus Verbraucherempörung folgt kein Verbraucherverhalten

Aus der empirischen Krisenforschung wissen wir seit langem, dass Verbraucherempörung im Ergebnis nur selten auch in entsprechendes Verbraucherverhalten mündet – also echten, langfristigen Boykott zur Folge hat. Im Zuge der Plagiatsvorwürfe gegen von Guttenberg haben sich beispielsweise in kurzer Zeit rund 600.000 Fans auf der eigens gestarteten Facebook-Seite „Wir wollen Guttenberg zurück“ mit dem CSU-Politiker solidarisch erklärt. Doch als die Initiatoren zu einer Pro-Guttenberg-Demonstration vor dem Brandenburger Tor in Berlin aufgerufen haben, ging kaum ein digitaler Unterstützer in der realen Welt für den ehemaligen Bundesverteidigungsminister auf die Straße. Aus dieser Perspektive erwarte ich auch keine langfristigen Folgen für Amazon. Ähnlich wie seinerzeit beim Lidl-Skandal, der vom Stern aufgedeckt wurde und thematisch ziemlich ähnlich gelagert war, kauft kaum ein Kunde bei Amazon wegen der besonderen „Corporate Social Responsibility“ des Unternehmen, sondern allein wegen des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses. In spätestens zwei Wochen hat sich das Thema erledigt, da kann die Gewerkschaft Verdi machen, was sie will. Solange der Konsument nicht bereit ist, vom gemütlichen Wohnzimmertisch aufzustehen, sich durch Staus in die Innenstadt mit teuren Parkgebühren zu quälen und das Buch wieder im Laden zu kaufen, hat Amzaon keinen wirklichen Grund für eine Richtungsschwenk. Shitstorm hin oder her.

Der Autor Frank Roselieb (43) ist geschäftsführender Direktor des Krisennavigator – Institut für Krisenforschung, ein Spin-Off der Universität Kiel, und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Krisenmanagement e.V. in Hamburg, dem Berufsverband der Krisenmanager, Krisenberater und Krisenforscher.

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