Europas größter Softwarehersteller SAP legt an diesem Mittwoch (22. Oktober) nach US-Börsenschluss seine Zahlen zum dritten Quartal vor.
DAS ERWARTET DAS UNTERNEHMEN:
SAP-Vorstandschef Christian Klein plant für das laufende Jahr eine erhebliche Ertragssteigerung, die maßgeblich auf den Personalabbau des Vorjahres zurückzuführen ist. Das um Sonderposten bereinigte operative Ergebnis (Ebit) soll zwischen 26 und 30 Prozent zulegen, wenn Wechselkurseffekte ausgeklammert werden. Allein durch den Wegfall von Stellen und eine jüngere Mitarbeiterstruktur rechnen die Walldorfer mit Einsparungen bei den laufenden Kosten in Höhe von 700 Millionen Euro.
Im Geschäft mit Lizenzsoftware und Cloud-Verträgen strebt das Management ein währungsbereinigtes Umsatzplus von 11 bis 13 Prozent an. Der Hauptwachstumstreiber ist dabei das Cloudgeschäft, dessen Erlöse um 26 bis 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigen sollen. Für den Zeitraum bis 2027 erwartet SAP eine beschleunigte Umsatzentwicklung durch das Abomodell. Wesentlich dabei ist der weiterhin umfangreiche Bestand an Wartungsverträgen aus dem traditionellen Geschäftsmodell (lokale Softwareinstallationen mit anschließender Wartung), der nach und nach in die Cloud migriert werden soll. Zudem will Klein die Nutzung der eigenen KI-Angebote bei den Kunden pushen und damit zusätzliches Geld verdienen.
Hinsichtlich der rabiaten US-Zollpolitik unter Präsident Donald Trump und deren Auswirkungen auf das Geschäft zeigte sich die Führungsebene zum Sommer vorsichtig. Die Vertriebspipeline mit anstehenden Vertragsabschlüssen blieb zwar vorerst stabil. Allerdings verwies Finanzchef Dominik Asam auf längere Entscheidungszyklen bei den Kunden – im Klartext: Diese schieben ihre Unterschrift unter neue Verträge wegen Unsicherheiten auf.
Das bremst das Geschäft und sorgte in der Folge auch bei den Anlegern für Skepsis. Die Aktie hat sich seit den Sommermonaten schwach entwickelt und steht wieder auf dem Niveau vom Jahresbeginn. Bis zum Rekordhoch aus dem Februar bei 283,50 Euro müsste sie aktuell wieder rund ein Fünftel zulegen.
Die finanziellen Zielvorgaben für Umsatz und Gewinn basieren auf konstanten Wechselkursen zum 2024er-Jahresdurchschnitt von 1,08 US-Dollar je Euro. Trumps Zoll- und Wirtschaftspolitik brachte die Währungskurse jedoch deutlich in Bewegung, der Dollar geriet unter Druck und derzeit müssen für jeden Euro rund 1,16 Dollar gezahlt werden.
Das dürfte die berichteten Kennzahlen erheblich beeinflussen. Da die Vereinigten Staaten der bedeutendste Markt für SAP sind, führt laut Asam jede Cent-Verschlechterung beim Wechselkurs zu umgerechnet circa 30 Millionen Euro Umsatzeinbußen. Laut den Angaben vom Juli kostet das laut SAP-Berechnungen aufs Jahr gesehen beim Umsatzwachstum in der Cloud 3,5 Prozentpunkte und beim operativen Ergebnis 3,0 Prozentpunkte.
Der Konzern hatte im vergangenen Jahr einen umfassenden Personalumbau eingeleitet und 10.000 Arbeitsplätze gestrichen. SAP stellt jedoch auch neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, um die Belegschaft zu verjüngen und verstärkt auf KI-Kompetenzen auszurichten. Insgesamt soll die Belegschaft laut Chef Klein weiter wachsen, nur eben weniger schnell als der Umsatz.
Unter Berücksichtigung der 2025 noch anfallenden Zahlungen für den Stellenabbau rechnet der Konzern mit einem freien Mittelzufluss (Free Cashflow) von etwa 8 Milliarden Euro.
DAS SAGEN ANALYSTEN:
18 in einer SAP-Erhebung erfasste Analysten gehen im Mittel (Median) für das dritte Quartal von 7 Prozent Umsatzwachstum auf 9,08 Milliarden Euro aus. Treiber des Anstiegs bleibt das Cloudgeschäft, das die Experten auf 22 Prozent Wachstum taxieren. Herkömmliche Lizenz- und Wartungserlöse gehen hingegen zurück. Das bereinigte operative Ergebnis dürfte um 13 Prozent auf 2,53 Milliarden Euro gestiegen sein. Die Marge läge bei 27,7 Prozent rund 1,2 Prozentpunkte besser.
Goldman-Sachs-Analyst Mohammed Moawalla ist zwar weiter angetan vom Schwung beim Umstieg der Kunden auf die Cloudversionen der SAP-Kernsoftware („S/4 Hana“). Allerdings bleibe er vorsichtig angesichts der derzeitigen Konjunkturlage, schrieb er in seinem Ausblick auf die Zahlen. Der Vertragsbestand in der Cloud für die kommenden 12 Monate (CCB – Current Cloud Backlog) dürfte währungsbereinigt um 26 Prozent angezogen haben. Dazu habe der kürzliche Zukauf des Personalsoftwareanbieters SmartRecruiters wohl einen halben Prozentpunkt beigesteuert.
Die längeren Entscheidungszeiträume im Vertrieb übten Druck auf das Wachstum in der Cloudsparte aus, schrieb Experte Oliver Frey von der Privatbank Metzler. Jüngste Aussagen hätten angedeutet, dass sich gegenüber der Situation zur Jahresmitte keine bedeutende Verbesserung eingestellt habe. Auch wegen der Konsolidierung von Zukäufen rechne er mit einem Rückgang der Wachstumsraten beim kurzfristigen Vertragsbestand auf 25,5 Prozent. Vergangenes Jahr hatte der Zukauf des Arbeitsplatzhilfetools WalkMe die Zahlen einmalig aufgepolstert, der kleine Rückenwind von SmartRecruiters dieses Mal gleicht das dem Experten zufolge nicht aus. (dpa)