Die Macher der Technik-Messe CES wollten mit der diesjährigen Auflage ein Zeichen für die Rückkehr großer Branchen-Events setzen. Doch auf der Zielgeraden machte ihnen die Omikron-Variante einen Strich durch die Rechnung. Die Tech-Show in Las Vegas findet zwar immer noch statt – aber viele Schwergewichte bleiben den Messehallen der Wüstenstadt fern.
Rund um Weihnachten fiel ein großer Name nach dem anderen Weg: Intel, Google, Amazon, der weltgrößte PC-Hersteller Lenovo und der Hifi-Riese Harman verwiesen auf Corona-Risiken für ihre Mitarbeiter. Auch die starke Präsenz der Autoindustrie – der Stolz von CES-Boss Gary Shapiro – schmolz dahin. So wollte der US-Autoriese General Motors in Las Vegas mit einem Auftritt von Konzernchefin Mary Barra ein neues Modell vorstellen – abgesagt. Zu groß war das Risiko auch BMW und Mercedes, der Roboterwagen-Firma Waymo sowie dem Autozulieferer Continental.
Trotz der Absage dieser Schwergewichte seien immer noch mehr als 2200 Aussteller vor Ort vertreten, betont die US-Branchenvereinigung CTA als CES-Veranstalter. Und in den vergangenen zwei Wochen seien auch trotz Omikron 143 Unternehmen neu dazugekommen. Nach den Absagen wurde die Show um einen Tag verkürzt und schließt nun am Freitag.
Die CES 2021 war ein reines Online-Event, diesmal wird es einen Mix aus Präsentationen in Las Vegas und Internet-Übertragungen geben. Der deutsche Elektrokonzern Bosch etwa macht am Dienstag eine digitale Pressekonferenz – kurz darauf will der Chip-Spezialist Qualcomm seine Neuheiten wie gewohnt im Ballsaal eines Las-Vegas-Hotels vorstellen.
Die CTA und ihr Chef Gary Shapiro hofften lange, mit der Vorgabe, dass alle Teilnehmer vollständig geimpft sein müssen, auf der sicheren Seite zu sein. Für die Hallen wurde ein neues Konzept mit breiteren Gängen und Einbahnverkehr für die Besucher entworfen. Jetzt wird es durch die Absagen noch mehr Freiräume geben.
Trotz des Omikron-Rückschlags zeigen sich die CES-Organisatoren überzeugt, dass große Events, die viele Branchenplayer und Journalisten zusammenbringen, eine Zukunft haben. Die Online-Version sei zwar eine angemessene Antwort auf die Corona-Situation vor einem Jahr gewesen, sagte Shapiro der Deutschen Presse-Agentur. «Aber was fehlte, war der zwischenmenschliche Kontakt.» Auch könne man online nicht wie bei einem Gang durch die Messehallen auf überraschende Inspirationen hoffen.
Die Netzwerk-Effekte erklären aber auch, dass die Absagen diesmal wie ein rollender Schneeball anwuchsen. Je mehr Unternehmen der Messe fernbleiben, desto weniger lohnt sie sich für die anderen. Er hätte zwar nach Las Vegas fliegen können, aber es lohne sich nicht, weil seine Gesprächspartner nicht dort seien, sagt etwa ein ranghoher Manager eines europäischen Branchenspezialisten.
Die Frage ist, was das zweite Jahr im Schatten von Corona für die Zukunft der CES bedeutet. So trug einst die Finanzkrise 2008 zum Niedergang der Computermesse Cebit in Hannover bei. Viele internationale Unternehmen mussten damals auf die Reise nach Deutschland verzichten – und stellten fest, dass es auch ohne geht. Nach und nach mutierte die einstige globale Show zu einem Lokal-Event und wurde schließlich eingestellt.
Shapiro sieht allerdings mehr Gründe für das Scheitern der Konkurrenz und glaubt, sie umschiffen zu können. Ein entscheidender Faktor sei gewesen, dass es den Veranstaltern nicht gelungen sei, neue Produktkategorien zu besetzen, argumentiert er. Die CES schaffte es dagegen, unter anderem die Autobranche nach Las Vegas zu locken und lief der traditionsreichen Autoshow in Detroit mit spannenderen Premieren den Rang ab. Shapiros Rechnung: Den Bedarf an Messen wird es weiter geben, die CES will die sein, die relevant bleibt.
Zur CES 2020, kurz vor Beginn der Pandemie, kamen noch gut 171 000 Besucher aus aller Welt. Für dieses Jahr wagte Shapiro keine Prognose, gab sich aber trotzig. «Die CES wird und muss weitergehen», schrieb er in einem Gastbeitrag im «Las Vegas Review-Journal» nach den Absagen. Sie werde viel mehr kleine als große Unternehmen haben und es könne große Lücken in den Messehallen geben, räumte er zugleich ein.
Der Tourismus-Metropole Las Vegas werden mit einer CES auf Sparflamme erneut hohe Einnahmen entgehen. Hotelzimmer, teure Restaurant-Besuche und gemietete Ballsäle – die Einnahmen rund um die CES sind für Anfang Januar üblicherweise fest eingeplant.
Allerdings kommt das Spielerparadies dank des starken Inlands-Tourismus recht gut durch die Corona-Zeit. Es gab nur einen Lockdown zu Beginn der Pandemie. In Innenräumen müssen zwar generell weiter Masken getragen werden – aber in Clubs und Restaurants braucht man weder Impfnachweis noch Test. Zu Weihnachten waren die großen Hotels am Las Vegas Strip wie gewohnt voll. Die Belegung der Hotels lag schon in den Monaten davor zwischen 73 und 82 Prozent. Und mit im Schnitt rund vier Millionen Passagieren pro Monat am Flughafen von Las Vegas nähert sich der Reiseverkehr den Werten vor Beginn der Pandemie. (dpa)
[…] Seit zwei Jahren gab es keine großen Messen mehr. Auch bei der CES in Las Vegas wird es nun statt einer triumphalen Rückkehr eine abgespeckte Tech-Show ohne viele große Namen geben. (Orginal – Story lesen…) […]