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Donnerstag, März 28, 2024

Handel geht gegen Elektromüll-Gesetz vor

Wer Elektronikgeräte auf mehr als 400 Quadratmetern verkauft, wird verpflichtet, Altgeräte unter bestimmten Bedingungen kostenlos anzunehmen. Bei den Händlern stößt das auf wenig Gegenliebe.

Der alte Fernseher steht oft noch nach Jahren im Keller. Und der kaputte Toaster landet kurzerhand im Müll. Damit Verbraucher ihre Elektrogeräte in Zukunft an der richtigen Stelle lloswerden, will die Bundesregierung den Handel in die Pflicht nehmen. Der Bundestag berät an diesem Donnerstag über die Reformpläne.

Was genau soll sich ändern? Wer Elektro- und Elektronikgeräte auf mehr als 400 Quadratmetern verkauft, wird verpflichtet, Altgeräte unter bestimmten Bedingungen kostenlos anzunehmen. Betroffen sind also Märkte wie Saturn oder Media Markt, nicht aber der Laden an der Ecke, der nur in einem Regal ein paar Geräte im Angebot hat. Den alten Kassenbon braucht man dafür nicht. Eine Rolle spielt aber die Größe: Bis zu einer Kantenlänge von 25 Zentimetern muss der Händler jedes Gerät zurücknehmen – darüber nur dann, wenn ein gleichwertiges neues gekauft wird. Handys und Ladegeräte werden Verbraucher also in jedem Fall los.

Und was ist mit dem Online-Handel? Auch hier gilt die kostenlose Rücknahme-Pflicht – und zwar für alle Händler mit mehr als 400 Quadratmetern Lagerfläche. Bisher berechnet beispielsweise Amazon pauschal 15 Euro, wenn bei der Lieferung einer Waschmaschine oder eines Kühlschranks das alte Gerät gleich mit abgeholt wird. In Zukunft müssen die Händler sicherstellen, dass jeder Verbraucher in zumutbarer Entfernung eine Rücknahmestelle oder Versandmöglichkeit vorfindet. Das Umweltministerium, das die Reform vorbereitet hat, empfiehlt dafür Kooperationen mit dem stationären Handel oder Sozialeinrichtungen wie der Caritas, in deren Werkstätten sich Menschen um das Recycling von Elektrogeräten kümmern.

Was sagt der Handel dazu? Vor allem die Online-Händler sind wenig begeistert. «Wir sehen das rundweg kritisch», sagt Sebastian Schulz vom Bundesverband E-Commerce und Versandhandel. Er geht nicht davon aus, dass viele Verbraucher den alten Toaster oder das Telefon zur Paketannahmestelle bringen und an einen Händler verschicken. «Trotzdem müssen die Unternehmen unter Einsatz von viel Geld und Personal die Infrastruktur vorhalten.» Der Handelsverband Deutschland (HDE) findet zwar richtig, dass das Recycling von Elektrogeräten verbessert wird. Der Handel habe aber bereits freiwillig mehr als 9.000 Sammelstellen eingerichtet, sagt HDE-Geschäftsführer Kai Falk. Wozu also das Gesetz? «Wir sind der Auffassung, mehr Kommunikation an die Verbraucher hätte auch dazu beigetragen, die Sammelmengen zu erhöhen.»

Wie viel Elektromüll fällt überhaupt in Deutschland an? Jährlich schätzungsweise rund 23 Kilogramm pro Kopf. Nach Angaben des Umweltbundesamtes wurden zuletzt knapp 780 000 Tonnen Altgeräte im Jahr gesammelt, davon 723 000 Tonnen aus privaten Haushalten – macht 8,8 Kilogramm pro Einwohner. Denn auch wenn es nicht erlaubt ist: Viele Geräte werden eben im Hausmüll entsorgt. Das schadet nicht nur der Umwelt, es gehen auch wertvolle Metalle wie seltene Erden verloren. Eine neue EU-Richtlinie sieht vor, dass bis zum Jahr 2016 mindestens 45 Prozent des anfallenden Elektromülls erfasst und wenn möglich wiederverwertet werden, bis 2019 soll die Quote auf 65 Prozent steigen. Mit der Reform des Elektrogerätegesetzes setzt die Bundesregierung die Vorgabe in deutsches Recht um.

Wie geht es jetzt weiter? Passiert die Reform den Bundestag, muss nach der Sommerpause noch der Bundesrat zustimmen. Das Umweltministerium strebt an, dass die Regeln dann zum 1. Oktober in Kraft treten. Gelten sollen sie ab 2016. (dpa)

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