Große Auswahl, niedrige Preise: Lange Zeit haben Online-Händler auf dieses Konzept gesetzt. Doch angesichts der Übermacht von Amazon und Zalando verlegen sie sich inzwischen immer stärker auf eine neue Strategie. Die Unternehmen versprechen vor allem mehr Bequemlichkeit und Service – egal ob es um die Suche nach dem richtigen Outfit oder um das Kochen in den eigenen vier Wänden geht. Fragt sich nur, ob die deutschen Verbraucher da mitspielen. Einer der Vorreiter der Entwicklung ist das Berliner Start-up Outfittery, das seit drei Jahren Männern bei der mühsamen und oft ungeliebten Suche nach Schuhen, Jeans, Hemd und Pullover unter die Arme greift. Die Kunden füllen ein Art Fragebogen aus, der Vorlieben und Stil ermittelt und telefonieren – wenn sie wollen – mit einem Stylisten. Fertig ist das neue Outfit, das im Paket nach Hause geliefert wird. Was gefällt, behält der Kunde. Was er nicht mag, schickt er kostenlos zurück. Der Verbraucher werde durch die Vielfalt des Modeangebots heutzutage schlicht überfordert, sagt Outfittery-Gründerin Julia Bösch. «Der Kunde will nicht die Auswahl zwischen 2.000 verschiedenen blauen Hemden im Online-Shop. Er will nur zehn Optionen, die für ihn relevant sind.» Hier zu helfen, kann offenbar ein lohnendes Geschäft sein. Denn Rabatte gibt Outfittery nicht. «Wir verkaufen zum vollen Preis», sagte Bösch auf dem Branchentreffen «Tengelmann e-Day». Outfittery ist mit diesem Konzept nicht allein. Auch der Berliner Rivale Modomoto wirbt mit dem Motto «Gut gekleidet ohne Shopping» um männliche Kunden. Andere wie das Start-up Kisura bieten den gleichen Service für Frauen. Auch Amazon und einige stationäre Händler sind inzwischen auf den fahrenden Zug aufgesprungen.
Wie nachhaltig der Trend allerdings ist, muss sich erst noch erweisen. Nach einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov macht eine breite Mehrheit der Erwachsenen in Deutschland vieles im Alltag lieber selbst. Besonders deutlich wird diese Haltung, wenn es um das Besorgen von Lebensmittel geht. Nur jeder zehnte Befragte gab an, sich die Supermarkteinkäufe schon einmal nach Hause habe liefern zu lassen. Das Institut für Handelsforschung (IFH) in Köln schätzt den Anteil der im Internet bestellten Lebensmittel (plus Wein und Delikatessen) am Gesamtumsatz in diesem Jahr auf gerade mal 1,1 Prozent. IFH-Geschäftsführer Kai Hudetz erklärt die Zurückhaltung unter anderem mit den zusätzlichen Lieferkosten. «Die Konsumenten sind nach wie vor sehr preissensibel.» Nur wenige seien bereit, für die Lieferung von Lebensmitteln extra zu zahlen. Zumal es in Deutschland kein echtes Versorgungsproblem gebe: «Wir haben ein sehr dichtes Netz an Supermärkten, die meisten sind von morgens früh bis spät in den Abend geöffnet», sagt Hudetz. Abgesehen davon gingen viele Konsumenten schlichtweg noch richtig gern einkaufen.
Dennoch setzen immer mehr Unternehmer auf das Geschäft mit Essen aus dem Internet. Start ups wie etwa Hello Fresh, Marley Spoon oder Home eat Home sprechen jene an, die gerne neue Gerichte ausprobieren, sich aber nicht durch Kochbücher kämpfen wollen. Sie liefern bebilderte Schritt-für-Schritt-Kochanleitungen samt mundgerecht ausgewählten Zutaten in einer Box direkt nach Hause oder deponieren sie in Abholstationen in Supermärkten. Dieses Nischen-Angebot treffe anders als der normale Online-Lebensmittelhandel auf ein zahlungswilliges Publikum, sagt Hudetz. «Kochen liegt voll im Trend.» Es gehe ums Genießen, um ein gemeinsames Erlebnis. Da würden auch höhere Lieferkosten akzeptiert – solange Liefertag und Zeitfenster stimmten.