1&1 startet sein Antennen-Netz im Mini-Format

Mit einem eigenen Handynetz will der Internetanbieter 1&1 den etablierten deutschen Telekommunikationskonzernen auf die Pelle rücken. Das neue Netz ist nun im kleinen Rahmen und in abgespeckter Version gestartet. Richtig losgehen dürfte es aber erst im Herbst.

Beim Start des vierten deutschen Mobilfunknetzes hat der Neueinsteiger 1&1 eine staatliche Ausbaupflicht sehr deutlich verfehlt. Statt zum Jahresende 2022 1000 5G-Stationen aktiviert zu haben, vermeldete das Unternehmen aus Montabaur am Dienstag nur 3 genutzte Funkanlagen in Frankfurt am Main und in Karlsruhe. 50 seien schon fertig, diese würden in weiteren Städten schrittweise in Betrieb genommen. 235 seien im Bau. Das 1000er-Ziel werde «im Jahresverlauf» erreicht. 1&1 hatte bereits im September eingeräumt, dass es das Zwischenziel nicht fristgerecht erreichen würde und dies mit Lieferengpässen bei einem Ausbaupartner begründet. Nun wurde das Ausmaß der Verfehlung deutlich.

Das an den drei Standorten in Betrieb genommene Netz wird nur für eine Nischenanwendung genutzt, und zwar als Festnetz-Ersatzprodukt. Der Empfang für die Handynutzung unterwegs ist nicht möglich – nur Haushalte in der Nähe der Antennen können die Funksignale empfangen, um in ihren Wohnungen Internet zu bekommen: Es ist als Alternative zum Festnetz gedacht.

Letztlich ist dieses Produkt nur ein erster Schritt hin zum vierten deutschen Mobilfunknetz. Erst im Herbst sollen die Antennen auch für Handynutzer freigeschaltet werden, die unterwegs sind – dann wird es zum Mobilfunk-Netz im eigentlichen Sinne, also zu einer mobil verfügbaren Anwendung.

1&1 ersteigerte im Jahr 2019 erstmals ein Frequenzspektrum für rund 1,1 Milliarden Euro, um sein eigenes Handynetz aufzubauen. Bisher greift die Firma vor allem auf das Netz von O2 (Telefónica) zurück und zahlt dafür Miete. Künftig will 1&1 aber auf eigenen Beinen stehen.

Bis Ende 2025 muss 1&1 mindestens 25 Prozent der deutschen Haushalte mit seinem Mobilfunk-Netz erreichen und bis Ende 2030 müssen es 50 Prozent sein, so sehen es Auflagen der Bundesnetzagentur aus der Auktion 2019 vor. Letztere Vorgabe wolle man «frühzeitig» erfüllen, sagte Firmenchef Ralph Dommermuth. «Dafür werden etwa 12 600 Funkmasten und über 500 regionale Rechenzentren in Betrieb genommen.»

1&1-Funkmasten werden den Angaben zufolge mit Gigabit-Antennen ausgestattet und mit Glasfaser an sogenannte Edge-Rechenzentren angeschlossen, genutzt wird die OpenRAN-Technologie. Die Abstände zwischen Antennen und den Rechenzentren sind gering und die Datenlaufzeit ist kurz, dadurch sei «Echtzeitfähigkeit im gesamten Netz» gewährleistet, hieß es von 1&1. Im Gegensatz zur Konkurrenz verzichte man auf Antennen des chinesischen Herstellers Huawei.

Bisher gibt es in Deutschland drei Handynetze: von der Deutschen Telekom, von Vodafone und von Telefónica mit seiner Marke O2. Mit Telefónica bleibt 1&1 künftig eng verbunden: Dort, wo der neue Netzbetreiber keine Antennen hat, sollen dessen Kunden mit dem O2-Netz verbunden werden – dafür schlossen die Firmen einen Roaming-Vertrag ab.

Und wie geht die Bundesnetzagentur um mit der Erkenntnis, dass der Neueinsteiger die Pflicht, 1000 5G-Stationen bis zum Jahreswechsel in Betrieb zu nehmen, verletzt hat? Ein Sprecher der Regulierungsbehörde sagte, dass die Firmen noch bis Freitag Zeit haben für Rückmeldungen zum Ausbaustand. «Sofern die Bundesnetzagentur nach Ablauf der Frist feststellt, dass die Auflagen nicht oder nicht vollständig erfüllt wurden, prüft sie unter Berücksichtigung der vorgetragenen Verzögerungsgründe, ob Rechtsfolgemaßnahmen wie Bußgelder und/oder Zwangsgelder verhängt werden.» Er fügte hinzu, der Netzstart von 1&1 zeige, «dass die Grundvoraussetzungen für einen Ausbau nunmehr bestehen». (dpa)

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