Europas größter Softwarehersteller SAP legt an diesem Montag (21. Oktober) nach US-Börsenschluss seine Zahlen zum dritten Quartal vor.
DAS ERWARTET DAS UNTERNEHMEN:
SAP-Chef Christian Klein hat den Anlegern in Aussicht gestellt, dass es dieses Jahr vor allem beim Cloudwachstum und dem bereinigten operativen Ergebnis weiter schwungvoll nach oben geht. Der Umsatz mit Software zur Nutzung über das Netz soll währungsbereinigt um 24 bis 27 Prozent zulegen. Insgesamt sollen die Produkterlöse mit Cloud- und Lizenzsoftware um 8 bis 10 Prozent steigen, wenn Währungseffekte ausgeklammert werden.
Die Investitionen der Vorjahre sollen 2024 Früchte tragen und das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis stärker nach oben treiben als im Vorjahr. Dieses Ergebnis will SAP währungsbereinigt um 17 bis 21 Prozent steigern.
Mit einem großen Programm zum Stellenabbau will Klein den Konzern stärker auf Apps rund um Künstliche Intelligenz (KI) ausrichten – und künftig auch deutlich sparen, indem teure ältere Arbeitskräfte den Konzern verlassen und jüngere angeworben werden. Bis zu 10.000 der bisherigen Stellen fallen weg. Der Umbau dürfte den Konzern dieses Jahr an die 3 Milliarden Euro kosten. Fast 2,9 Milliarden sind bereits in den ersten beiden Quartalen verbucht.
In diesem Jahr rechnet SAP noch nicht mit nennenswerten Einsparungen bei den laufenden Kosten. 2025 aber soll eine Entlastung von rund 700 Millionen Euro greifen – obwohl SAP durch Neuanstellungen Ende 2024 insgesamt mit einer ähnlich hohen Mitarbeiterzahl rechnet wie zu Jahresbeginn (107.602 Vollzeitbeschäftigte).
2025 soll der Gesamtumsatz auf mehr als 37,5 Milliarden Euro klettern (2023: 31,2), davon aus der Cloud mehr als 21,5 Milliarden Euro (2023 fortgeführte Geschäfte: 13,7). Das bereinigte operative Ergebnis plant SAP 2025 bei rund 10,2 Milliarden Euro ein (2023 angepasst: 6,5). Darüber hinaus will SAP das Umsatzwachstum bis mindestens ins Jahr 2027 beschleunigen.
Unruhe gibt es in Nordbaden aber weiter rund ums oberste Führungspersonal. Mit Marketingchefin Julia White, Vertriebschef Scott Russell und zuletzt Technologievorstand Jürgen Müller nahmen gleich drei aus der Top-Riege in diesem Jahr aus unterschiedlichen Gründen abrupt ihren Hut. Während das Marketingressort in anderen Bereichen aufgeht, hat Klein den Vertrieb und die Technologieverantwortung übergangsweise selbst in die Hand genommen, bis Nachfolger oder Nachfolgerinnen gefunden sind.
Ende September wurde bekannt, dass die US-Justiz Geschäfte von SAP und des IT-Wiederverkäufers Carahsoft unter die Lupe nimmt. Der Vorwurf lautet auf mögliche Preisabsprachen bei Geschäften mit dem Staat. SAP betonte, es handele sich um zivilrechtliche Untersuchungen des Justizministeriums, bei denen der Konzern kooperiere. Details gab es zu dem Verfahren bislang nicht.
DAS SAGEN ANALYSTEN:
In einem vom Unternehmen bereitgestellten Stimmungsbild schätzen 19 befragte Fachleute das bereinigte operative Ergebnis im dritten Quartal im Schnitt (Median) auf 2,07 Milliarden Euro – das wären 17 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der Umsatz dürfte demnach um 9 Prozent auf 8,44 Milliarden Euro klettern. Den Schwung liefert dafür das Cloudgeschäft mit einem Erlösplus von einem Viertel. Die Jahresschätzungen der Analysten für Umsatz und Ergebnis liegen sämtlich im Rahmen der SAP-Prognosespannen, eine bedeutende Zieländerung wäre also eine Überraschung.
Der Abgang von Vertriebschef Scott Russell mitten im Quartal und die herausfordernde Wirtschaftslage dürften bei Anlegern für etwas Nervosität gesorgt haben, schrieb Analyst Michael Briest von der UBS. Den Auftragsbestand in der Cloud für die kommenden zwölf Monate (Current Cloud Backlog CCB) dürfte SAP trotz der Probleme in einigen Märkten wie Deutschland aber ähnlich stark gesteigert haben wie im zweiten Quartal. Briest rechnet dank des im September abgeschlossenen Zukaufs von Walkme in der Cloudsparte mit einer etwas aufgebesserten Prognosespanne.
Mit Details zur Untersuchung der US-Justiz im Zusammenhang mit dem IT-Wiederverkäufer Carahsoft rechnet Briest angesichts des laufenden Verfahrens nicht. Von den aus öffentlich verfügbaren Quellen bekannten 5,9 Milliarden Dollar SAP-Umsatz mit der US-Bundesregierung seit 2014 stammte dem Experten zufolge fast eine Milliarde aus der Zusammenarbeit mit Carahsoft.
Analyst Knut Woller von der Baader Bank erwartet nach eigenen Worten ein weiteres solides Quartal von SAP in einem harten Umfeld. Treiber dürften weiterhin große Abschlüsse im Bereich von Cloudsoftware gewesen sein. Die jüngsten Resultate vom US-Erzrivalen Oracle ließen darauf schließen. (dpa)