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Donnerstag, April 25, 2024

Risikofaktor Zwischenzeugnis

Ein Zwischenzeugnis einzuholen, kann durchaus sinnvoll sein. Der Anspruch darauf besteht aber nicht generell, sondern nur bei triftigen Gründen. Doch wer ein Zeugnis anfordert, geht ein Risiko ein.

Der Anspruch auf ein Zwischenzeugnis besteht nicht generell, sondern immer dann, wenn ein so genannter triftiger oder „anzuerkennender“ Grund vorliegt. Triftige Gründe gibt es allerdings viele: Versetzung oder Wechsel des Vorgesetzten, Änderung der Aufgaben, Umstrukturierungen innerhalb des Unternehmens, Fusionen, Umwandlung der Rechtsform des Unternehmens, Betriebsübernahme durch einen neuen Arbeitgeber, Fort- oder Weiterbildung oder eine geplante längere Arbeitsunterbrechungen ab etwa einem Jahr. Auch schon mit dem Ende der Probezeit liegt ein triftiger Grund vor. Ein triftiger, aber durchaus brisanter Grund für ein Zwischenzeugnis ist die Bewerbung um eine neue Stelle. Spätestens dann nämlich läuten bei den meisten Chefs die Alarmglocken. Schnell und meist nicht zu Unrecht wird vermutet, dass der Mitarbeiter sich einen neuen Job suchen will. Im schlechtesten Fall hat der Chef schon den geeigneten Nachfolger im Kopf, im besten Fall kann die Frage nach einem Zwischenzeugnis durchaus positive Signalwirkung haben. Astrid Schultz, Zeugnisexpertin bei der Hamburger Karriere- und Vergütungsberatung PersonalMarkt, betont: „Arbeitnehmer signalisieren damit noch einmal deutlich ihre Unzufriedenheit – und die Bereitschaft, notfalls Konsequenzen zu ziehen. Manchmal tun sich dann plötzlich doch noch ungeahnte Möglichkeiten auf.“ Sie rät allerdings davon ab, zu hoch zu pokern. Wer ein Zwischenzeugnis anfordert, sollte sich der möglichen Konsequenzen bewusst sein. Dies gilt vor allem für kleinere Unternehmen: Da wirkt es schnell befremdlich, wenn ein Mitarbeiter ein Zwischenzeugnis haben möchte. Er muss sich Fragen gefallen lassen wie „Und wofür brauchst du das?“ Ob ausgesprochen oder nicht ausgesprochen: Allein die Vermutung, dass ein Mitarbeiter aktiv auf Jobsuche ist, zwingt den Arbeitgeber zum Handeln – entweder zu einem offenen Gespräch oder zur Suche nach einem adäquaten Nachfolger.

Auch die mehrjährige Dauer des Arbeitsverhältnisses kann ein triftiger Grund für ein Zwischenzeugnis sein. Wer also viele Jahre bei ein und demselben Arbeitgeber tätig war, sollte sich ab und an ein Zwischenzeugnis ausstellen lassen. Wer das konsequent macht, baut auch in anderer Hinsicht vor: „Schließlich“, so Astrid Schultz, „kann nur so sichergestellt werden, dass im Endzeugnis auch wirklich die Leistung und das Verhalten des gesamten Zeitraums der Beschäftigung berücksichtigt wird.“ Und nicht nur ein punktueller Eindruck, der möglicherweise entstanden ist, weil ein Projekt mal nicht gut gelaufen ist oder es Schwierigkeiten mit einem bestimmten Kollegen gab. Das Zwischenzeugnis ist auch immer Grundlage für das Endzeugnis. Dies zeigt das Beispiel von Torsten Krohn (Name geändert): Der Geschäftsführer eines Verbandes erhielt eine betriebsbedingte Kündigung – und zog vors Arbeitsgericht. Im Rahmen einer Kündigungsschutzklage wurde in einem Vergleich festgelegt, dass sein ehemaliger Arbeitgeber sich verpflichtet, ihm „ein wohlwollend formuliertes, qualifiziertes Zeugnis, entsprechend dem Zwischenzeugnis, zu erteilen.“ Das Zwischenzeugnis von Krohn entsprach einer sehr guten Beurteilung, genau so muss jetzt das Endzeugnis ausfallen. Allerdings haben Arbeitnehmer keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber bei der Ausstellung des späteren Endzeugnisses exakt die gleichen Formulierungen wie im Zwischenzeugnis verwendet. Das heißt im Klartext: Der Arbeitgeber kann eine gleiche Bewertung im Endzeugnis durchaus mit anderen Worten oder Formulierungen ausdrücken. Entscheidend ist die Note, die angestrebt wird.

Damit nicht genug: Hat der Arbeitnehmer einmal eine bestimmte Bewertung in einem Zwischenzeugnis akzeptiert, kann er im Endzeugnis nicht auf eine gänzlich andere – meist bessere – Formulierung drängen. Wer also z.B. nach einem Betriebsübergang in einem Zwischenzeugnis die Formulierung „zu unserer vollen Zufriedenheit“ (entspricht der Note „befriedigend“) akzeptiert hat, kann nicht anderthalb Jahre später ein Zeugnis mit der Bewertung „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ (entspricht der Note „gut“) fordern. „Außer“, so Astrid Schultz, „er kann überzeugend darlegen, bei welchen Punkten und auf welche Weise sich seine Leistungen verbessert haben.“ Mit einem Zwischenzeugnis sichern sich also sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber ab. Arbeitgebern dient das Zwischenzeugnis als Vorlage für das spätere Endzeugnis. Zeugnisexpertin Astrid Schultz weiß aus Erfahrung, dass dann auch meist das Schreiben des Zeugnisses flotter von der Hand geht und der Arbeitnehmer sein Zeugnis schneller in Händen hält. Arbeitnehmer wiederum vermeiden böse Überraschungen, weil sie wissen, was sie erwartet. Und noch etwas: Beim Endzeugnis schließlich darf nicht auf ein früheres Zwischenzeugnis verwiesen werden. Hier muss das gesamte Arbeitsverhältnis noch einmal detailliert aufgelistet werden. Es reicht allerdings, wenn weiter zurückliegende Abschnitte nur kurz erwähnt werden.

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