Die deutsche Industrie erwartet im laufenden Jahr eine schrittweise Erholung nach dem Corona-Tief 2020. Realistisch sei für die Produktion «ein kräftiges Plus von 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr», sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm am Montag zum Auftakt der digital veranstalteten Hannover Messe. Viele Unternehmen erhielten wieder deutlich mehr Bestellungen. Es gebe schon mehr Auftragseingänge als vor der Krise. Gesamtwirtschaftlich habe der verlängerte Lockdown in etlichen Bereichen jedoch Folgen, so der Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie. Die Wirtschaftsleistung dürfte 2021 laut aktualisierter BDI-Prognose um 3 Prozent zulegen – einen halben Prozentpunkt weniger als zuerst angenommen. Voraussetzung: ein «weitgehendes Zurückfahren pandemiebedingter Einschränkungen bis zum frühen Herbst» sowie keine weiteren Auflagen für das produzierende Gewerbe. «Entscheidend ist, dass Deutschland beim Impfen mit der Hilfe von Haus- und Betriebsärzten flexibler wird und Tempo macht», ergänzte Russwurm. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) rechnet 2021 – bei Berücksichtigung der Preisentwicklung – mit einer Zunahme des Produktionsvolumens um bis zu 7 Prozent, sagte Verbandspräsident Karl Haeusgen. «Wir haben uns entschlossen, unsere bisherige Prognose um rund 3 Prozentpunkte zu erhöhen. Das ist eine gute Nachricht.»
«Corona verunsichert und belastet die Unternehmen nach wie vor», schränkte Haeusgen ein. Hinzu kämen der Strukturwandel der Autobranche und teils Lieferprobleme. «Der Maschinenbau zeigt sich aber auch in dieser schwierigen Phase widerstandsfähig.» Mut mache vor allem die gute Nachfrage aus Asien, insbesondere aus China. In den USA gebe das von Präsident Joe Biden aufgelegte Konjunkturprogramm Hoffnung. «Auch die EU erholt sich Schritt für Schritt, wenngleich etwas langsamer.» VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers unterstrich den Trend mit Auszügen aus einer Branchenumfrage. «Sie bestätigt das Bild, dass sich die Auftragslage aufhellt.» Zwar hätten 34 Prozent der Firmen noch Nachfrageprobleme. Gleichzeitig erwarte immerhin rund ein Viertel eine Besserung zur Mitte des Jahres. Fast zwei Drittel der Unternehmen rechneten mit einem Personalaufbau. Die Zahl der in Kurzarbeit Beschäftigten liege bei unter 100 000, nach einer Spitze von etwa 250 000 im vorigen Jahr. Der Kampf gegen Corona komme in vielen Betrieben voran, sagte Haeusgen. 87 Prozent böten den Beschäftigten Tests auf das Virus an oder wollten dies «innerhalb der nächsten Zeit» einführen. Man unterstütze auch Anstrengungen zum Impfen. Der VDMA-Chef mahnte die Politik, einheitliche Pandemie-Regelungen umzusetzen sowie eine längerfristige Strategie zu entwickeln. «Allerdings braucht es jetzt auch Einigkeit, Klarheit und konkrete politische Pläne für die Zeit danach.» Es sei «höchste Zeit gewesen, das dissonante föderale Corona-Orchester zu ersetzen durch eine starke zentrale Stimme.»
Ähnliche Einschätzungen kamen vom Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI). Auch hier geht man von einem vorsichtigen Stabilisierungstrend aus. «Die Elektroindustrie ist 2021 positiv gestartet», so ZVEI-Präsident Gunther Kegel. Dieses Jahr könne ein Produktionsplus von 5 Prozent gelingen. «Wenn man die eingegangenen Aufträge der ersten drei Monate betrachtet, kann es eventuell noch besser laufen.» Das Geschäftsklima sei positiv. Bei Halbleitern, die derzeit sehr knapp sind, bleibt der Bedarf laut ZVEI hoch. Zur Debatte über verpflichtende Corona-Schutzvorgaben in der Industrie meinte Kegel: «Wir wünschen uns eine klare Verlässlichkeit von Aussagen und Plänen.» Über 90 Prozent der Firmen seiner Branche testeten schon. «Damit ist ein weiterer verschärfter Lockdown für die Industrie nicht nur nicht notwendig, sondern auch nicht sinnvoll.» (dpa)