Sabrina war mal eine Kampfkatze. Doch ihr Leben als Schwerter schwingende «Kitty Cat Katarina» wurde gerade jäh beendet – von einem kurz angebundenen Security-Mann. Styropor Schwerter auf der Gamescom? Geht nicht. Bitte da vorne abgeben. Sabrinas Katzen-Kostüm, angelehnt an das Spiel «League of Legends», wird auf Stubentiger-Niveau zusammengestutzt. In ihrer Stimme schwingt Wehmut mit. «Jetzt bin ich nur noch eine normale Katze.» Willkommen auf der Gamescom, der großen Computer- und Videospielmesse in Köln, die zu einem guten Teil auch ein Festival ist. Hunderttausende Besucher lockt sie Jahr für Jahr nach Köln. Seit Donnerstag ist die Gamescom nun für alle geöffnet, nachdem der erste Tag noch dem Fachpublikum vorbehalten war. Die Hallen füllen sich schlagartig, vor den populärsten Spielen bilden sich lange Schlangen. Dazwischen sieht man immer wieder Pokémon, Comic-Figuren, Fabelwesen. Die Rollenspieler wie Sabrina müssen in diesem Jahr aber ohne ihre Waffennachbildungen auskommen. Die Messe hat nach den jüngsten Terror-Anschlägen die Sicherheitsrichtlinien verschärft, unter anderem damit sich niemand erschreckt. Katzenkostüm also ja, aber bitte ohne Schwert.
Zu den interessanten Frage der diesjährigen Messe zählt, ob die Gamer die Richtung mitgehen wollen, in die die Spielebranche gerade viele Hoffnungen und Geld setzt. Trend-Thema auf der Gamescom ist Virtual Reality (VR). Die Technologie kann mit Hilfe spezieller VR-Brillen komplett künstliche Welten erzeugen, in denen der Spieler den Blick frei schweifen lassen kann. Die Gamescom ist dafür eine Art großes Testlabor. Zu beobachten ist das etwa am Stand von Samsung. In Reihen sitzen dort Menschen und haben das VR-Modell des Konzerns vor den Augen. «Wer keine Angst hat, darf auch einen Blick nach unten wagen», tönt eine Stimme. «Wagen» klingt etwas ulkig, denn die Brillen-Träger trennen nur Zentimeter vom Boden. Aber sie sitzen gerade in einer simulierten Achterbahn – die für sie real wirken soll. Eigentlich ist es ein Kinofilm mit Rundumblick. «Ich würde sagen: es waren 60 Prozent Realität», sagt Besucher Fred, nachdem er das Ding ausprobiert hat. «Ohne Schwerkraft wirkt es nicht so richtig.» An einem anderen Stand wird Marlene gerade bäuchlings in
Fallschirmseile gehangen – ganz real. Was nicht real ist, ist der Sprung vom Himmel hinein in ein Stadion, den sie danach bei «Para Parachute» macht – er wird ihr über eine VR-Brille suggeriert. «Es fühlt sich noch mehr wie ein Computerspiel und weniger wie die Realität an», sagt die 20 Jährige, mittlerweile abgeschnallt. «Der Wind hat auch gefehlt.» Zwischen Realität und virtueller Realität gibt es viele Abstufungen. Manche Spiele auf der Gamescom erschaffen schon ziemlich lebensecht wirkende Welten. Bei anderen fehlt dazu noch ein gutes Stück. Aber das Spielerlebnis ist so oder so ein völlig anderes. Die Frage ist, ob sich die Neugierde, die viele Besucher der Gamescom zu den Brillen treibt, umsetzen lässt – in den massenhaften Kauf der Geräte. «Das lief superflüssig. Ich fühlte mich komplett im Spiel drin», sagt
Jo, 19 Jahre alt, der gerade «Robinson – The Journey», mit der neuentwickelten VR-Brille für Sonys Playstation getestet hat. In dem Spiel strandet man auf einem Urwald-Planeten und klettert durch das Gebüsch. Der Weg geradeaus ist unproblematisch. Dann ein Blick zur Seite in einen Abgrund – und plötzlich schnappen Dinosaurier nach dem virtuellen Körper. Man zuckt zusammen. Ganz real.