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Freitag, April 19, 2024

Apple: Die Untergangspropheten lagen falsch

Die Untergangspropheten lagen wieder einmal falsch: Das iPhone 7 hat Apple das nächste Rekordquartal gebracht. Doch zwei Herausforderungen bleiben.

Der Titel der Nummer eins im Smartphone-Markt war das Sahnehäubchen am Tag des Triumphs für Apple-Chef Tim Cook. Monatelang wurde angesichts sinkender iPhone-Verkäufe darüber diskutiert, ob Apple seinen Schneid bei Innovationen verloren habe und auf dem absteigenden Ast sei. Und jetzt konnte Cook beim Bericht über das Weihnachtsquartal ganz oft das Wort «Rekord» fallenlassen: Die bisher besten iPhone-Verkäufe, der höchste Umsatz, die stärksten Mac-Erlöse in der über 30-jährigen Geschichte des Apple-Computers. Die Quartalszahlen haben eine klare Botschaft: Die Kunden sind weiterhin bereit, Geld für Apple-Produkte auszugeben – und zwar oft auch mehr als bei der Konkurrenz. Der durchschnittliche Preis eines verkauften iPhones erreichte im vergangenen Quartal den Rekordwert von 690 Dollar. Branchenweit liegt der Wert laut Markforschern unter 300 Dollar. Dennoch verkaufte Apple mit 78,3 Millionen iPhones so viele Telefone wie kein anderer Anbieter. Und besonders gut lief das größere und teurere iPhone 7 Plus.

Es ist nicht das erste Mal, dass Apple mit einem neuen iPhone-Modell an die Spitze des Smartphone-Marktes vorstößt. Zuletzt gelang das im Weihnachtsquartal 2014, als sich mit den beiden Modellen des iPhone 6 – den ersten deutlich größeren Apple-Telefonen – eine große aufgestaute Nachfrage entlud. Da das iPhone 7 bei neuem Innenleben im Prinzip das Aussehen der damaligen Generation beibehielt, rechneten viele Marktexperten nur mit einem lauen Interesse der Verbraucher. Doch es kam anders – und auch die als «verbraucherfeindlich» kritisierte Abschaffung der klassischen Ohrhörer-Buchse war kein Thema. Für dieses Jahr gingen aber auch die Skeptiker davon aus, dass die nächste iPhone-Generation mit erwarteten technischen Neuerungen wie einem Display, das die gesamte Oberfläche ausfüllt, noch viele weitere iPhone-Besitzer zum Upgrade veranlassen wird. Nun scheint der nächste Rekord im Weihnachtsgeschäft 2017 erst recht schon sicher. Auch wenn es sicher nicht noch einmal passieren wird, dass Samsung sich selbst ein Bein stellt wie dieses Jahr mit dem wegen Feuergefahr eingestellten Galaxy Note 7. Noch wichtiger ist aber, dass Apple sich bisher auf die Treue seiner Kunden verlassen kann: «Nur wenige Leute wechseln vom iPhone weg», merkte Analyst Abhey Lamba von Mizuho Securities im «Wall Street Journal» an.

Was bleibt, sind die Fragen nach der weiteren Zukunft. Die Abhängigkeit von Apple von den iPhone-Verkäufen ist nach wie vor gewaltig: Im vergangenen Quartal brachte das Telefon knapp 70 Prozent der Erlöse ein, noch mehr als die zuletzt üblichen zwei Drittel. Das Service-Geschäft mit Abo-Diensten wie Apple Music sprang zwar um fast ein Fünftel auf 7,1 Milliarden Dollar hoch – macht aber immer noch nur einen kleinen Teil des Apple-Geschäfts aus. Die Computer-Uhr Apple Watch erlebte laut Cook zwar ihr bisher bestes Quartal – der Wearables-Markt ist aber weit davon entfernt, zu einer sprudelnden Geldquelle wie das Smartphone-Geschäft zu werden.

Auch über den Aussichten von Apple in China, das mit rasanten Zuwächsen in den vergangenen Jahren für den Konzern zu einem Schlüsselmarkt wurde, hängen Fragezeichen. Im vergangenen Quartal war es mit einem Umsatzrückgang von zwölf Prozent die einzige Region, in der das Apple-Geschäft nicht wuchs. Cook schränkte zwar ein, dass es ohne die Dollar-Aufwertung bei gleichgebliebenen Umtauschkursen ein Plus gegeben hätte. Doch gerade in Zeiten politischer Ungewissheit in den Handelsbeziehungen zwischen China und den USA mit Donald Trump im Weißen Haus muss Apple als US-Konzern auf unangenehmen Überraschungen gefasst sein. Und die chinesischen Verbraucher neigten stärker als zuvor dazu, Premium-Smartphones von einheimischen Anbietern wie Huawei zu kaufen, betonte die Marktforschungsfirma Counterpoint. Trotz aller Rekorde steht aber weiterhin die große Frage im Raum, wie gut Apple auf eine Tech-Zukunft vorbereitet ist, die vielleicht von künstlicher Intelligenz und digitalen Assistenten bestimmt wird und in der einzelne Geräte nur zu Zugriffspunkten auf die Computer-Power im Netz degradiert werden. Viele Branchenbeobachter sehen in diesem Bereich eher die Apple-Wettbewerber Google oder Amazon vorn. Apple versucht, diesem Eindruck entgegenzutreten. In der Telefonkonferenz nach Vorlage der Zahlen erzählte Cook ungewöhnlich ausführlich, wie in seinem privaten Smarthome Licht und die Kaffeemaschine automatisch angehen, wenn er zur sprechenden Assistentin Siri «Guten Morgen» sage. Apple packt Siri schon seit langem ins iPhone und inzwischen auch in die Computer-Uhr, verzichtete bisher aber auf ein spezialisierter Gerät wie Amazons Lautsprecher Echo, mit dem der Online-Händler für viel Aufsehen sorgte.

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