Viele kleine Händler haben es schwer, sich mit Online-Shops gegen die große Konkurrenz von Amazon bis Zalando zu behaupten. Eine neue Plattform soll jetzt ein Ausweg aus dem Dilemma sein.
Die Bundesbürger kaufen aus Sicht des Handels in Zukunft deutlich mehr Lebensmittel, Möbel und Kleidung im Internet. «Da gibt es noch einiges an Luft nach oben», sagte der Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE), Josef Sanktjohanser, der Deutschen Presse-Agentur. Elektronik und Bücher wüchsen online jedoch nicht mehr so schnell wie in den vergangenen Jahren. «Da sehen wir, dass die Hyperdynamik aufhört.» Die Umsätze im Internet stiegen zwar, aber nicht mehr so stark. Die Branche hofft, dass die Regierung stationären Händlern bei der Digitalisierung hilft und sie vor Nachteilen schützt. Darum geht es bei der vom Bund eingerichteten Dialogplattform Einzelhandel, die an diesem Dienstag in Berlin startet. «Wir sind nicht die Ewiggestrigen, die sich abschotten», hob Sanktjohanser hervor und betonte die Chancen der Digitalisierung. «Wir rufen unseren traditionellen Händlern verstärkt zu: Das ist eine Chance für mehr Umsatz.»
Wichtig sei aber, dass Gleichbehandlung herrsche zwischen stationären und Online-Händlern, darunter auch die großen internationalen Konkurrenten wie Amazon. Online-Händler müssten etwa ebenso wie die stationären Läden verpflichtet sein, Elektro-Altgeräte zurückzunehmen – das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung schon vor. Ausländische Anbieter wie Amazon sollten für Gewinne aus Deutschland auch Steuern an den deutschen Fiskus überweisen, verlangte Sanktjohanser. Er schlug auch vor, mittelständische Händler beim Gang ins Netz mit Geld von der staatlichen Förderbank KfW zu unterstützen.
Um die Innenstädte im Ringen mit der Konkurrenz auf der grünen Wiese und aus dem Netz am Leben zu erhalten, seien eine gute Erreichbarkeit mit dem Auto, möglichst lange Öffnungszeiten, Sauberkeit und Sicherheit wichtig. Sanktjohanser rief zudem zu Investitionen in den Einkaufsstraßen auf. «Wir als Unternehmer oder auch als Investoren haben da angesichts der niedrigen Zinsen große Chancen.» Dennoch geht Sanktjohanser von einem anhaltenden Ladensterben im klassischen Handel aus. «Wir rechnen damit, dass in den kommenden fünf Jahren bis zu 50.000 Läden vom Markt verschwinden werden», sagte er der «Wirtschaftswoche». Das betreffe Tausende Arbeitsplätze vor allem in strukturschwachen Gebieten. Der Betrieb der Läden rechne sich schon heute vielerorts nicht mehr. Das liege aber nicht nur an der wachsenden Konkurrenz durch den Onlinehandel, sondern auch an der demografischen Entwicklung und der Abwanderung der Menschen in größere Städte. «Vielen Klein- und Mittelstädten droht so die Verödung», betonte der Verbandspräsident. (dpa)
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