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Donnerstag, März 28, 2024

«Er telefoniert gerade» – ein Abschied

Vergangene Woche ist der IT-Systemhauschef Michael Schickram gestorben. «Er telefoniert gerade» - ein Abschied.

Michael Schickram mit Andreas Raum
«Wo fange ich an», sagt Michael Schickram und legt eine Pause ein, um nachzudenken. Nachdenken ist in unserer Branche wichtig. Das wissen wir beide. Denn unsere Branche ist vertriebsdominiert. Längst nicht jeder denkt nach. Die meisten Aktionen sind kurzfristig auf schnelle Geldvermehrung angelegt. Auf aufregende Innovationen und wie diese die Unternehmen voranbringen, liegt nicht das Hauptaugenmerk. Damit befassen sich Experten in San Jose. Eigentlich muss Michael nicht nachdenken. Er weiß längst, wo er anfangen wird. Er denkt über viele Themen in beträchtlicher Tiefe nach. Er nennt das «durchdenken». Weil er viel weiß, muss er vielleicht doch nachdenken, wo er anfangen soll. Schließlich möchte er mich abholen, wenn ich eine Frage zu einem Thema habe, das er bereits durchdacht hat. Er möchte die Menschen immer abholen, mitnehmen in seine Gedankenwelt, möchte, dass sie verstehen. Häufig wartet er geduldig bis die Menschen nachkommen, wenn er längst drei Gedanken weiter ist.

Ich mache mir viel weniger Gedanken, wenn wir sprechen. Ich haue raus, was ich sagen will und weiß, dass er mitkommen wird. Wir sprechen regelmäßig. Meistens tauschen wir Beobachtungen aus und analysieren. Manchmal erklärt er, manchmal ich. Manchmal wollen wir nur etwas loswerden. Und manchmal ruft er abends an, um sich «akkurat abzumelden». Akkurates Abmelden halte ich für überbewertet und sage das auch. Davon lässt er sich nicht beirren. «Er telefoniert gerade», sagt Frau Wetsch, Elvira, eines seiner «Mädels», die sich bei Schickram IT um den Einkauf kümmern, Bestellungen bei der Distribution organisieren und die «da viel besser Bescheid wissen als ich.» Dass er telefoniert, «das überrascht mich», sage ich und wir beide lachen. Er telefoniert meistens, unterhält ein riesiges Netzwerk. Das macht seinen Erfolg aus. Damit das klappt, konzentriert er sich: Auf einen Hersteller – Hewlett-Packard – auf wenige Distributoren allen voran ALSO, bei der er der Systemhaus-Kooperation ALSO Network als Beiratssprecher vorsteht. Bei HP und in der Distribution kennt er alle vom Außendienstmitarbeiter bis zum Geschäftsführer. Er kennt alle Systemhaus-Kollegen. Und alle kennen sie ihn. Bei HP bis in die amerikanische Unternehmensspitze.

Er ist so gut vernetzt, dass Distributoren, Systemhaus-Kollegen und selbst HP-Mitarbeiter regelmäßig bei ihm anfragen, wer für dieses oder jenes zuständig sein könnte. Möchte man in unserer vertriebsdominierten Branche erfolgreich sein, ist das notwendig. Denn man muss wissen, an wen man sich wenden kann, wenn Probleme im Tagesgeschäft auftauchen, dringend benötigte Ware nicht verfügbar ist, ein Deal abzuschließen oder wenn es einfach nur um gute Konditionen geht. Das alles hilft im Gespräch mit den Kunden. Aber es reicht nicht aus. Denn Kunden wollen einen Sparringspartner, der mit ihnen über Technologie-Einsatz und Innovationen spricht. Der ihnen zeigt, wie IT ihre Unternehmen voranbringt. Mit seinem angebrochenen Wirtschaftsinformatik-Studium – dem Abschluss kam die Unternehmensgründung in die Quere – ist Michael im Vorteil. Eigentlich hätte er Mathematik studieren sollen. Er versteht IT wirklich. Regelmäßig fährt er zu den HP-Entwicklern nach San Jose und Austin und lässt sich zeigen, woran sie arbeiten. Mit seiner Begeisterung für Technologie reißt er seine Kunden mit. Ganz Schwandorf hat sein Unternehmen ausgestattet. Aber tatsächlich realisiert er die wirklich spannenden Projekte mit großen Mittelständlern und Großkonzernen. Seine Lösungen helfen, in aller Welt Getränke abzufüllen, sie arbeiten in Mobilfunk-Infrastrukturen und auf Schiffen, die im Persischen Golf kreuzen. Trotzdem springt er Weihnachten in Stiefel und Mantel, weil «der Bub weint». Der Sohn eines Schwandorfer Kunden, der das Weihnachtsgeschenk – einen Notebook Marke HP – am Heiligen Abend nicht in Betrieb nehmen kann. Über mehr als zwanzig Jahre besprechen wir alles. Geschäftliches, Privates und Persönliches – oft genug überschneiden sich die Bereiche. Wir analysieren die Branche, die Hersteller, die Distribution und was die Systemhaus-Kollegen tun. Wir tauchen in Technologien ein und in die Unternehmensrealität im deutschen Mittelstand. Er liebt es, mich zu provozieren. Ich freue mich diebisch, wenn es mir gelingt, ihn damit abtropfen zu lassen. Wir vertagen unser Gespräch auf nach meinem Urlaub. «Eigentlich», sagt er «solltest Du gar keinen Urlaub machen. Immer wenn Du weg bist, passieren in der Branche die unglaublichsten Dinge.» «Das stimmt», lache ich, aber ich muss los. Das war Mitte vorletzter Woche.

Anfang vergangener Woche ist Michael Schickram verstorben. Nachts im Schlaf, ganz friedlich «so, wie er schon als Kind immer im Bett gelegen hat», sagt seine Schwester Claudia, die jetzt die Verantwortung trägt. Er ist gegangen, ohne sich abzumelden. Aber das ist ja ohnehin überbewertet.

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